Dunkle Stadt Bohane by Barry Kevin

Autor:Barry, Kevin
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Klett-Cotta
veröffentlicht: 2014-12-31T16:00:00+00:00

Im ersten Dunkel der längsten Nacht rottete sich die Hartnett Fancy am Smoketown-Ende der Dünen unter ihren Farben zusammen. Die Fancy war fickerig. Adrenalin pulste in heißen Schüben, Fäustlinge wurden geballt, Knöchel geknackt, Zähne zusammengebissen und die aufgereihten Banner flatterten unheilvoll im peitschenden Wind. Ihr Purpur und Schwarz wirkte sakral, neo-römisch, und darauf prangten die Symbole und Slogans der Back Trace Fancy:

Symbole:

Der Kopf eines Ziegenbocks.

Ein Krummsäbel.

Ein Hundssternmond.

Slogan:

Wahrheit oder Rache

Smoketown gaffte, und irräugige Huren labten sich am Fehdesaft, kreischten den Fancy-Boys aus hohen Fenstern ihren nicht jugendfreien Tribut zu.

Fancy-Boys winkten zurück und gaben sich größte Mühe, wenigstens nach außen frech und keck zu wirken.

Unter die Fancy hatten sich – wie man in Smoketowns Groghöhlen und Kiffbuden mit Ehrfurcht und Misstrauen bemerkte – allerhand furchteinflößende Sand-Gitanos gemischt.

Die Gitanos wirkten am entspanntesten. Sie schüttelten die Glieder und machten leichte Streckübungen, warfen zur Show ihre Beile in die Luft und fingen sie hinterm Rücken wieder auf, stopften sich mehrfach die Halspfeife randvoll mit perlengroßen Kügelchen schwärzestem Afghanen und nahmen tiefe Züge – sie waren die Dreadlock-Assassinen der Dünenwelt.

Altgediente Fancy-Boys und frisch angeheuerte Sand-Gitanos waren zusammen gerade mal so viele, wenn auch nur knapp, wie die acht Familien der Norrie-Aggros, die drüben überm Fluss in der Bohane Trace randalierten.

Logan Hartnett schritt würdevoll die Reihen ab und bot sein Lächeln nebst geflüsterten Ermutigungen feil. Die geschmitzt gespitzten Lippen signalisierten Vertrauen, und zur höchst edel geschnittenen Itakerkluft trug er ganz feierlich einen austergrauen Zylinder.

Mütter, Schwestern und Liebchen der Fancy-Boys querten unterdessen den Mob, verschenkten Tränen und Sweet-Baba-Jay-Medaillons zum Schutz.

Fucker Burke hüpfte wie auf Sprungfedern durch die Menge, zischte der Fancy ermutigend zu und hielt Angie an verlängerbarer Kampfleine, seine Schäferhundliebste, die tollte und sabberte und in deren Augen sich die Nachglut des Dezembermondes spiegelte. Fucker trug eine Jeansweste, die Arme nackt, dazu seine besten kupferkappenverstärkten Springerstiefel, und wie eine rasende Flut durchtosten ihn Stolz und Furcht. Angie hatte absichtlich seit drei Tagen nichts zu fressen gekriegt.

Jenni Ching flipperte durch die versammelte Meute und kreischte auf Mandarin verrückte Verwünschungen. Sie hielt einen Morgenstern an der Kette und schwang ihn über dem Kopf. Trug dazu einen schwarzen Nylonoverall, der so eng saß, als wäre er mit der Sprühdose aufgesprayt worden. Dazu passend qualmte sie einen schwarzen Stumpen, ihr Mund ein harter Strich blutroter Lippen.

Wolfie Stanners aber schoss den Vogel ab, keine Frage. Er war zum Töten aufgedonnert. Zum blau metallicfarbenen Ska-Anzug trug er weiße Pufftreter mit dicker Kreppsohle und Stahlkappe. Vier Schächder steckten griffbereit im spezialangefertigten Kreuzgurt. Er tänzelte die Reihen der Fancy ab, beäugte jeden Fancy-Boy einzeln und deutete dabei hinter sich auf die Back Trace, wo die Norrie-Aggros Schimpf und Schande schmetterten.

»Lasst ihr euch das gefallen?«, zischte Wolfie. »Ich frag, wollt ihr euch das gefallen lassen?«

Da ging Logan auf den Jungen zu, umarmte ihn, flüsterte ihm etwas ins Ohr und Wolfie ay-ayte.

Tja, und es war Wolfie, der dann einen kurzen dreitönigen Pfiff ausstieß, und die Fancy überkam im selben Moment eine große Woge der Gefühle.

Dieser Pfiff war eine simple Melodie, die kurz anstieg, dann abfiel, pure Melancholie,

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